Die Stadt
“Die Stadt”, Frans Masereels Bild-Zyklus aus dem Jahr 1925, entwirft eine Reise eines Ich-Erzählers durch die Großstadt der Zwanziger Jahre. Der so typische Blick auf die Stadt, die hochstilisierten Figuren und Szenerien und die Schwarz-Weiß-Ästhetik des Holzschnitts haben sich in das kollektive Gedächtnis eingeschrieben.
Die expressionistische Stadtsicht fordert zu einem Kommentar heraus. Die einhundert Holzschnitte werden überklebt mit überwiegend farbigen Zeitungsausschnitten und -rissen aus der Tagespresse. Nicht alle collagierten Bildfragmente und -zitate stammen aus der unmittelbaren Gegenwart. Zeitebenen verwirren sich. Durchgängig ist die Suche nach Entsprechungen oder Gegensätzen, nach Verdoppelungen von Zeichen und Bedeutungen. Die Bildfolgen von Masereel geben die Themen vor: Ich, Mensch, Menge, Chaos, Politik, Unterdrückung, Widerstand, Geld, Macht, Sex, Liebe, Einsamkeit. Über den Holzschnitt legt sich gerasterter Offsetdruck. Die Collagen ‘infizieren’ die Holzschnitte mit Gegenwart. Der Expressionismus erwacht in der bunten Banalität einer medialen Gesellschaft. Wie sich vieles gleicht. Was überwiegt: Differenz oder Ähnlichkeit?